Bisons in der Südpfalz

(von links): Landrat Dietmar Seefeldt, Landwirt Thomas Kieffer und Landrat Dr. Fritz Brechtel bei der Ankunft der zwei Bisons im Viehstrich. Foto: Kreisverwaltung Germersheim

11.04.2022 - „Die ersten Bisons sind im Landkreis Südliche Weinstraße angekommen. Damit wird eine bedeutende Maßnahme des Naturschutzgroßprojektes, die halboffene Weidenutzung umgesetzt“, berichten die Landräte Dietmar Seefeldt (SÜW) und Dr. Fritz Brechtel (GER). Inzwischen leben fünf Tiere auf der neu eingerichteten Weidefläche in Kapsweyer, zwei der mächtigen Tiere sind erst am Samstag eingezogen. Zusammen mit dem Pächter, Thomas Kieffer aus Schweighofen, realisiert das Naturschutzgroßprojekt damit ein wichtiges Teilziel des Pflege- und Entwicklungsplans. Insgesamt sollen bis voraussichtlich Ende des Jahres 20 bis 30 Bisons auf den Projektflächen leben.

Der diplomierte Landwirt Thomas Kieffer hat bereits langjährige Erfahrung im Umgang mit der Haltung von Weiderindern und äußert sich dennoch respektvoll und zurückhaltend: „Das ist eine Entscheidung, die ich zusammen mit meiner Familie getroffen habe, denn der Umgang mit diesen Tieren und die damit verbundene Aufgabe ist eine Herausforderung, die über den bisherigen Betrieb erheblich hinausgeht. Wir haben enorme Vorbereitungen getroffen und sind jetzt soweit, dass wir mit der Haltung der Tiere auch zur Unterstützung des Naturschutzprojektes beginnen können. Der Anblick der imposanten und doch sehr friedlichen Tiere entschädigt uns für manche Mühe und ermuntert die Herde weiter wachsen zu lassen."

Dies kann Uwe Meißner, Projektleiter des Naturschutzgroßprojektes, bestätigen: „Das Projektteam ist glücklich, dass die letzten Monate der Vorbereitungen hinter uns liegen und die ersten Bisons auf den Projektflächen angekommen sind. Damit dieses Teilprojekt gelingen konnte, haben viele Akteure mitgewirkt und unterstützt, insbesondere die Flurbereinigungsbehörde, das Forstamt, überhaupt alle Landnutzer und natürlich das Bundesamt für Naturschutz sowie das Land Rheinland-Pfalz. Die eingerichteten Flächen bieten jetzt gute Voraussetzungen, um diese besondere Weidenutzung umzusetzen.“

Hierzu konnten im Bodenordnungsverfahren Bienwald-West Flächen in einer Größenordnung von ca. 23 ha für das Naturschutzgroßprojekt zusammengelegt werden. Durch den ganzjährigen Aufenthalt der Bisons auf den Flächen soll ein ökologisch besonders wertvolles und vielfältig strukturiertes Grünland mit integrierten Wald- und Gebüschanteilen sowie krautigen Säumen entwickelt werden. Durch das „wilde“ Verhalten der Tiere werden besondere landschaftsgestaltende Effekte wirksam, von denen durch die entstehende Strukturvielfalt u.a. auch zahlreiche Insekten- und Vogelarten profitieren.

Landrat Dr. Brechtel erinnert sich an eine Reise in den Nationalpark Bialowieza in Polen und Weißrussland, wo er europäischen Bisons begegnet ist: „Mit den Bisons können die Naturschutzziele in diesem wichtigen Projektbaustein nachhaltig und attraktiv in der Südpfalz umgesetzt werden. Natürlich haben unsere Flächen nicht die Größe und Unberührtheit wie in Polen, aber die positiven ökologischen Effekte sowie das darüber vermittelte Verständnis für die Menschen werden auch hier wirken.“ „Auf den betreffenden Flächen hat in großen Teilen seit Jahren keine aktive Nutzung mehr stattgefunden“, ergänzt Landrat Dietmar Seefeldt, „Mit Unterstützung der genügsamen Bisons kann wieder eine Nutzung erfolgen, die gleichzeitig für den Arten- und Naturschutz von großer Bedeutung ist. Gemeinsam mit der Landwirtschaft schaffen wir eine Situation, die allen Seiten gleichermaßen zugutekommt.“

Halboffene Weidehaltung - Was ist das?

Eine halboffene Weidelandschaft besteht nicht nur aus einer Wiese. Über die extensive Weidehaltung mit Bisons als Robustrind soll als naturnahe Landnutzungsform eine besonders strukturreiche und vielfältige, durch einen Verbund aus Wald- und Offenland geprägte und artenreiche halboffene Landschaft entstehen. Gemäß dem Pflege und Entwicklungsplan „soll sich eine Landschaft einstellen, die überwiegend aus offenen und auch durchaus relativ intensiv beweideten Bereichen, aber auch aus unterschiedlichen Sukzessionsstadien sowie allen erdenkliche Übergängen besteht.“

Die folgenden Hauptziele stehen dabei gemäß dem Pflege- und Entwicklungsplan des Naturschutzgroßprojektes im Vordergrund:

- Naturnahe und nachhaltige Form der Landnutzung

- Schaffung und Erhaltung landschaftlich attraktiver, parkartiger Landschaften mit fließenden Übergängen zwischen Offenland und Wald (Charakter einer halboffenen Weidelandschaft) auch als Beitrag zur Erhöhung der Erlebnisqualität der wohnortnahen Offenlandschaft

- Ganzjährige Beweidung mit geringer Besatzdichte

- Vielfältige Strukturentstehung durch Fressverhalten und Tieraktivitäten (kleinteilige Tritt- und Wälzstellen, Weidepfade und Lagerplätze, punktueller Dungeintrag, Reibestellen an Gehölzen, Totholzentstehung etc.) 

 

Appell

Damit verbindet sich auch ein Appell: Bitte auf keinen Fall die Tiere füttern oder anlocken. Die Bisons sollen möglichst störungsarm bleiben und ihre natürliche Scheu behalten. Daher ist es auch wichtig, auf den Wegen zu bleiben, auch wenn gerade keine Tiere zu sehen sind.