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Kommunale Finanznot
Statement von Landrat Dr. Brechtel zum Rücktritt des Gemeinderates in Freisbach
„Bürgermeister und Gemeinderat von Freisbach, die sich seit vielen Jahren für die Belange ihrer Gemeinde einsetzen und dafür Ihre Freizeit opfern, haben meinen Respekt und mein volles Verständnis für diesen drastischen Schritt, mit dem sie auf die Finanznot ihrer Kommune hinweisen. Dieser Fall ist nach meinem Wissen in Rheinland-Pfalz aktuell einmalig, jedoch befinden sich viele Kommunen in Rheinland-Pfalz in einer ähnlichen Situation: Die eigenen Steuereinnahmen reichen nicht aus, die Landesvorgaben sind hier nicht zielführend und werden zu dogmatisch vorgegeben. Möglicherweise haben wir hier nur die Spitze des Eisbergs vor uns.
Entgegen der Auffassung in Freisbach entscheidet nicht die Kommunalaufsicht darüber, inwieweit die Kommunen und damit die Bürgerinnen und Bürger mit höheren Abgaben belastet werden, um das Ziel ausgeglichener Kommunalhaushalte zu erreichen. Dafür maßgeblich ist vielmehr die Höhe des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) des Landes, aus dem die Kommunen für die Finanzierung ihrer Aufgaben Landeszuweisungen erhalten. Es gilt: Je mehr KFA-Mittel vom Land, desto geringer die Steuerlast für die Kommunen. Es liegt am Landesgesetzgeber, ob er durch eine Aufstockung der KFA-Mittel zu einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger beitragen will oder eine Mehrbelastungswelle in Gang setzt.
Kurz auf den Punkt gebracht: Die KFA-Mittel des Landes für die Kommunen in Rheinland-Pfalz reichen aktuell in vielen Fällen nicht aus, damit die Kommunen die zugewiesenen Aufgaben erfüllen können. Das Land gibt den Kommunen nicht genügend Geld für die Erfüllung Ihrer Aufgaben. Die zugewiesenen Finanzmittel reichen nicht, um die gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen, selbst wenn die Gemeinde die Grundsätze oder Hebesätze bis an die Obergrenze anhebt und damit Ihre Bürger und ansässige Unternehmen belastet. Dies sieht man am Beispiel Freisbach sehr deutlich. Und dies ist ein Thema, welches alle Bürgerinnen und Bürger interessieren muss, denn es geht um ihre Interessen.
Zwar hat das Land den KFA in 2023 auch durch Umverteilung zwischen den Kommunen um über 350 Mio. Euro aufgestockt. Dem stehen aber massive Kostensteigerungen, u. a. in den Bereichen Asyl, Kindertagestätten und ÖPNV sowie im Personalbereich durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, gegenüber. Die Kostensteigerungen sind dabei zu einem erheblichen Teil auch auf vom Land gewünschte oder sogar gesetzlich fixierte höhere Standards zurückzuführen.
Unsere Funktion als Aufsichtsbehörde führen wir in Auftragsverwaltung des Landes aus. Wir sind also an Weisungen und Vorgaben der Ministerien und der Kommunalaufsicht im Land gebunden. Und an das, was in diesem Fall zusätzlich vom Landesrechnungshof gefordert wird. Diese Vorgaben haben zu dieser Situation geführt, auch wenn wir bisher die kommunalen Haushalte mit Kenntnis der jeweiligen Situation vor Ort genehmigt haben. Für mich stellen sich die neuen Vorgaben des Landes als zu dogmatisch dar. Die Folgen sind seitens des Landes nicht zu Ende gedacht und werden uns weiter beschäftigen.
Damit stellt sich die Frage: Muss sich eine Gemeinde zu Tode sparen oder hat in solchen Fällen nicht das Land die Verantwortung für eine erhöhte Mindestfinanzausstattung? Leider zeigt sich hier deutlich, dass – trotz des seit 2023 neu geltenden Landesfinanzausgleichs – Gemeinden wie Freisbach zu den Verlierern der Reform zählen.
Ich fordere das Land auf, hier zeitnah nachzulegen!
Wenn der Finanzausgleich nicht angepackt werden soll, müssen für solche Fälle die strengen Haushaltsvorgaben, d. h. der Haushaltsausgleich, gelockert werden. Wie vorher muss es im pflichtgemäßen Ermessen der Kommunalaufsicht stehen, unmittelbar vor Ort die Haushaltssituation einer Gemeinde einzuschätzen und dann zu genehmigen. Die Finanzmittel sind zu knapp. Deshalb muss das Land seine rechtlichen Vorgaben und Standards ebenso überdenken wie die zu geringe Höhe der Mindestausstattung der Gemeinden.